Börsengang Tipps (Bild: Freepik)

IPO: Fit für den Börsengang? Darauf sollten StartUps auf dem Weg zur AG oder SE achten

  • Letztes Update:7 Monaten 
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Damit der StartUp-Börsengang gelingt, muss die Wachstums- und ESG-Strategie überzeugen. Was bedeutet das konkret?

Ein Gastartikel von Thomas Olek / NEON EQUITY AG

Was ist bei einem IPO unbedingt zu bedenken?

Um Innovationen und Zukunftstechnologien zu finanzieren, benötigen die meisten StartUps viel Kapital. Neben privaten Kapitalgebern ist die Finanzierung über den Kapitalmarkt in Form eines Börsengangs (IPO = Initial Public Offering) eine adäquate Möglichkeit.

Entscheidet sich ein StartUp für den Gang aufs Börsenparkett, ist eine strukturierte Vorbereitung das A und O. Dafür sollte im Normalfall ein Zeitraum von rund 12 Monaten eingeplant werden. Während dieser Phase gilt es, einige wichtige Maßnahmen umzusetze.

Aufbau Expertenteam – ohne Netzwerk geht’s nicht

“Wer alleine arbeitet, addiert. Wer zusammenarbeitet, multipliziert“, dieses Sprichwort ist insbesondere für StartUps in der Pre-IPO-Phase relevant. Denn nur durch den Aufbau eines erfahrenen Expertenteams kann ein Börsengang auch realisiert werden.

Extrem hilfreich ist es, einen erfahrenen Begleiter an der Seite zu haben, der mit IPO-Prozessen in Praxis und Theorie gleichermaßen gut vertraut ist. Bei der Auswahl dieses Begleiters ist ein Blick auf dessen Referenzen zum Thema unerlässlich. Der Emissionsbegleiter kann mit Rat und Tat zu Seite stehen, das Projekt steuern und ein leistungsfähiges Team zusammenstellen.

Zwingend notwendig ist es in diesem Expertenteam eine Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfer und eine Investmentbank für den IPO-Prozess zu mandatieren. Auch ist es sinnvoll, eine Investor-Relations-Agentur für die Kommunikation mit Investoren, dem Kapitalmarkt und den Medien zu beauftragen. Schließlich ist ein Unternehmen während des IPO-Prozesses mit Themen konfrontiert, mit denen es in der Regel noch nie zuvor in Berührung gekommen ist. Das Expertenteam verfügt hingegen über jahrelange Erfahrung im Bereich Kapitalmarktransaktionen.

Warum ist das Expertenterm so wichtig?

Das IPO-Team schafft die rechtlichen Voraussetzungen für den Börsengang. Es bereitet notwendige Dokumente und Finanzberichte vor und unterstützt im Austausch mit der Börse sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).

Zudem schärft das Team die Unternehmensstory für den Kapitalmarkt und stellt später den Kontakt zu potenziellen Investoren her. Mit dem Expertenteam schaffen sich StartUps auch ein tragfähiges und langfristiges Netzwerk, das auch nach dem Börsengang wertvoll ist.

Den juristischen und wirtschaftlichen Rahmen schaffen

Voraussetzung für eine Börsennotiz ist unter anderem eine adäquate kapitalmarkttaugliche Unternehmensform. Dies ist meistens eine Aktiengesellschaft (AG) oder eine europäische Gesellschaft (SE).

Bereits relativ frühzeitig sollte identifiziert werden, ob ein deutscher oder ausländischer Börsenplatz geeignet für das IPO ist, ebenso wie das passende Marktsegment. Darauf aufbauend müssen einige wirtschaftliche und personelle Rahmenbedingungen stimmen. Dazu zählen möglicherweise ein Mindestumsatz, eine klar definierte Wachstumsstrategie und ein erfahrenes Vorstandsteam.

Auch müssen testierte Jahresabschlüsse der vergangenen Geschäftsjahre vorliegen bzw. erstellt werden. Entsprechend sollte deshalb auch die Finanzabteilung gut strukturiert sein und über ausreichend Manpower verfügen.

Kapitalmarkt- und ESG-Story treffend formulieren

Die Kapitalmarktstory, die so genannte Equity-Story, ist das „Herzstück“ bei einem geplanten Börsengang und muss die Investoren überzeugen. Vereinfacht gesagt: Ohne vernünftige und überzeugende Story werden Investoren kein Geld zur Verfügung stellen. Dabei liegt der Fokus vor allem auf den zukünftigen Wachstumsaussichten des Unternehmens. Denn an der Börse wird bekanntlich die Zukunft gehandelt.

Auch Environmental, Social und Governance (ESG) ist dabei längst kein Nischenthema mehr. Ohne ESG-Kapitalmarktstory geht bei Investoren nichts mehr. In ihr sollte deshalb klar und transparent herausgestellt werden, warum das Unternehmen eine nachhaltige positive Wirkung auf die Umwelt und die Gesellschaft hat.

IPO / Börsengang - Wachtstumsstory (Bild: Freepik)

Dabei darf Nachhaltigkeit nicht als kurzfristiger Trend verstanden werden, sondern als dauerhafter Bestandteil des Geschäftsmodells sein – ökologische und soziale Aspekte spielen dabei eine gleichwertige Rolle. Das Unternehmen sollte in seiner Wachstumsstory klar und pointiert hervorheben, welchen langfristigen Beitrag es für eine verbesserte Umwelt leistet.

Die bloße Darstellung von Zahlen-lastigen Nachhaltigkeits-Scores und Rankings reicht dabei nicht mehr aus, um Investoren zu überzeugen. Vielmehr zählen Authentizität und die ernsthaften Bemühungen des StartUps, die Welt zu einem „besseren Ort“ zu machen. „Greenwashing“ wird mittlerweile schnell von Investoren entlarvt und sollte daher vermieden werden.

Pre-Sounding – Investoren mit Wachstumsstory überzeugen

In dieser Phase geht es langsam ans Eingemachte. Um ein Gefühl für das Potenzial des StartUps am Kapitalmarkt zu bekommen, führen Banken mit dem Unternehmen ein „Pre-Sounding“ durch. Das heißt, ausgewählten, institutionellen Investoren wird das Geschäftsmodell präsentiert und es wird Feedback eingeholt, wie gut die Aussichten für einen Börsengang sind. Überzeugt das StartUp hier mit seiner ESG-Wachstumsstory, stehen die Chancen für ein erfolgreiches IPO gut.

Auf Basis des Investoren-Feedbacks in der Pre-Sounding-Phase legen die Banken gemeinsam mit dem Unternehmen die Preisspanne zur Zeichnung der Aktien für die darauffolgende Zeichnungsphase, die sogenannte Bookbuilding-Phase, fest. Anstelle eines Festpreises werden die Aktien während der Bookbuilding-Phase in einer Preisspanne angeboten, damit das Unternehmen mehr Spielraum bei der Preisgestaltung erhält und je nach Investorennachfrage flexibel agieren kann.

Aber: Eine 100%-ige Garantie für das Gelingen des IPOs gibt es zu diesem Zeitpunkt nicht; schließlich kann sich das Marktumfeld noch kurzfristig ändern, indem unvorhergesehene wirtschaftliche Ereignisse eintreten (siehe Pandemie-Schock im Jahr 2020). In unsicheren wirtschaftlichen Zeiten sind Investoren bekanntlich zurückhaltend, weshalb IPOs häufig noch vor der Zeichnungsphase bzw. manchmal auch kurz vor der Erstnotiz abgesagt bzw. verschoben werden.

Nach der Preisspannen-Festlegung wird der von Anwälten und Banken erstellte Wertpapierprospekt von der BaFin gebilligt und veröffentlicht. Die Billigung des Prospekts ist – abgesehen von wenigen Ausnahmen – verpflichtend. Im Wertpapierprospekt werden unter anderem Details zum IPO veröffentlicht, das Geschäftsmodell detailliert beschreiben und die Investitionschancen- und -risiken des Unternehmens für Investoren aufgezeigt.

Heiße Phase – Roadshow und Zeichnungsphase

Wenn bis hierhin alles reibungslos verlaufen ist, beginnt nun die heiße Phase. Während der Roadshow beurteilen Investoren in intensiven Gesprächen mit dem Management das Potenzial des Unternehmens. In den Gesprächen sollten daher die wesentlichen Botschaften, analog zur Kapitalmarktstory und zum Wertpapierprospekt, transportiert werden.

Ist ein Investor vom Geschäftsmodell überzeugt, kann er innerhalb der festgelegten Preisspanne in der Bookbuilding-Phase eine Zeichnung für die Aktien abgeben. Am Ende der Zeichnungsfrist wird das „Buch“ mit der Investorennachfrage ausgewertet. Auf dieser Basis wird schließlich der Ausgabepreis der Aktie ermittelt.

Neben der wirtschaftlichen Stärke eines Unternehmens, ist eine konsistente und überzeugende Darstellung der Wachstums- und ESG-Strategie entscheidend in der Roadshow- und Zeichnungs-Phase, um einen möglichst attraktiven Ausgabepreis zu erzielen.

Tag X – Erstnotiz und Beginn der Investorenpflege

Ist die Roadshow und Zeichnungsphase erfolgreich beendet, ist das Unternehmen am Ziel angelangt. Am Tag der Erstnotiz wird schließlich der erste Handelspreis an der Börse festgestellt, der im allerbesten Fall über dem Ausgabepreis liegen sollte. Die Arbeit ist aber nach dem IPO längst nicht beendet!

Abgesehen von den Folgepflichten – wie der regelmäßigen Publikation von Geschäftszahlen oder Ad-hoc-Mitteilungen – geht die kontinuierliche Netzwerkpflege und die ESG-Kommunikation jetzt erst richtig los.

Fazit

In der Vorbereitungsphase eines IPOs müssen StartUps sehr strukturiert vorgehen und teilweise einige Hürden überwinden. Dabei ist es heutzutage unabhängig vom Geschäftsmodell wichtig, eine ESG-Story vorzuweisen. Diese sollte überzeugend an Investoren vermittelt werden, ohne dass der Verdacht des „Greenwashings“ entsteht.

Eine transparente Nachhaltigkeits-Kommunikation zahlt sich am Kapitalmarkt immer aus. Je früher ein StartUp damit startet, desto mehr Vertrauen schafft es bei Investoren. Auch von einer frühzeitigen Netzwerkpflege profitieren junge Unternehmen – denn ohne die richtigen Beziehungen funktioniert es am Kapitalmarkt nicht.


Über den Autor:

Thomas Olek ist CEO, Gründer und Großaktionär der NEON EQUITY AG. Er hat seit mehr als 25 Jahren Erfahrung als Vorstand und Gründer und weist eine hohe Kapitalmarkt-Expertise auf. Die NEON EQUITY AG investiert in ESG-konforme Unternehmen mit hohen Wachstumschancen in Zukunftsbranchen wie AI, Mobilität, Ernährung, Gesundheit und Energie und begleitet diese bei erfolgreichen Börsengängen.


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