Jobtitel (Bild: Freepik)

„Head of all Things Awesome“ & Co.: Warum verrückte und übertriebene Jobtitel keine gute Wahl sind

  • Letztes Update:2 Monaten 
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Echte Führung ist nicht an einen aufgemotzten Jobtitel gebunden. Warum sich eine Loslösung davon lohnt, erfährst du hier.

Ein Gastbeitrag von Kamal Nicholas / Laika

Die Täuschung durch Jobtitel

Ein „Chief Marketing Officer“ sollte in der Lage sein, sein Team dazu zu bringen, eine großartige Kampagne nach der anderen umzusetzen, oder?

Jobtitel implizieren in der Regel eine Form von Hierarchie und Führungsqualitäten. Oft gehen wir davon aus, dass Personen an der Spitze der Karriereleiter die für den Erfolg erforderlichen Fähigkeiten besitzen. Doch es ist an der Zeit, diese konventionelle Vorstellung infrage zu stellen, denn Führung geht weit über eine Berufsbezeichnung hinaus.

Doch: Berufsbezeichnungen können trügerisch sein! Einige Unternehmen verwenden aufgeblasene Titel, um Positionen wichtiger erscheinen zu lassen, als sie tatsächlich sind.

Außergewöhnliche und aufgeblasene Jobtitel

Ein „Director of Strategic Partnerships“ ist vermutlich ein „Vertriebsmitarbeiter“, ein „Brand Evangelist“ geht sicherlich auch als „Marketingspezialist“ durch und ein „Chief Storyteller“ ist immer noch ein „Content Writer“. Dazu kommen teils aufgeblasene Titel, die verwirrend statt beschreibend sind, wie etwa „Head of Out of Touch“, „Chief Amazement Officer“ oder „Vibe Manager & Head of all Things Awesome“.

Hä?

Darüber suggerieren viele Stellenbezeichnungen irgendeine Art von Führungsqualitäten. Passende Beispiele sind hier in der Regel Jobs im C-Level oder solche, die mit „Head of …“ beginnen. Bei einem „Chief“ oder „Head“ muss es ja auch einen Stamm oder eine Körperschaft geben, die von dieser Person geleitet wird.

Wahre Führung ist so viel mehr als nur eine schicke oder ausgefallene Berufsbezeichnung. Sie ist eigentlich völlig losgelöst von einem extravaganten Titel. Und es ist sogar möglich, dass Menschen mit einem „Chief“ oder ähnlichem in ihrem Titel gar keine Führungsqualitäten zeigen.

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Ein berühmtes Beispiel für sehr schlechte Führung

Erinnern wir uns an den Volkswagen-Skandal, der 2015 begann. Damals wurde aufgedeckt, dass Volkswagen eine Software in seine Dieselfahrzeuge eingebaut hatte, um Abgastests zu manipulieren und die Behörden zu täuschen. Dieser Skandal offenbarte eine Kultur betrügerischer Praktiken und ein Versagen der Führung innerhalb des Unternehmens.

Die oberste Führungsebene, einschließlich des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden, wurde dafür kritisiert, dass sie dem Absatz und dem Marktanteil Vorrang vor ethischem Verhalten einräumte. Der Skandal schädigte den Ruf von Volkswagen nachhaltig, zog Bußgelder in Milliardenhöhe sowie gerichtliche Vergleiche nach sich und führte zu einem Verlust des öffentlichen Vertrauens in die Führung des Unternehmens.

Man kann mit gutem Gewissen behaupten, dass die meisten der hier beteiligten Führungskräfte nicht sehr erfolgreich in Sachen Führung waren.

Führungsqualitäten auf allen Ebenen

Echte Führung wartet nicht darauf, bis sie beim Namen genannt wird. Sie ist eine Eigenschaft einer Person, die auf jeder Ebene innerhalb einer Organisation entstehen kann, unabhängig von deren Hintergrund, Karrierestufe oder Stellenbezeichnung.

Tatsächlich sind einige der einflussreichsten Führungspersönlichkeiten im Laufe der Geschichte aus unerwarteten Positionen hervorgegangen, haben den Status quo infrage gestellt und einen echten Wandel herbeigeführt. Denke beispielsweise an Rosa Parks, Nelson Mandela oder Greta Thunberg, um nur ein paar wenige Namen zu nennen.

Indem wir die Führungsqualitäten aller Mitarbeitenden anerkennen und fördern, bauen wir hierarchische Barrieren ab und schaffen eine Kultur der Befähigung, Inklusion, Innovation und kollektive Verantwortung.

Agiles Marketing (Bild: Freepik)

Jobtitel sollten dynamisch sein

Rollen ändern sich ständig. Heute muss man bei einem Projekt vielleicht „in den Lead“ gehen, morgen eher als unterstützender Teamplayer agieren. Das starre Festhalten an Titel erlaubt kaum Dynamik. Es lässt wenig bis gar keinen Spielraum für einen Wechsel der Rollen, wenn dieser gewollt oder gebraucht wird oder wenn einfach nicht die richtige Person für die Führungsrolle in einem Projekt vorhanden ist.

Führungsqualitäten von einem Jobtitel loszulösen, setzt ungenutzte Talente frei und fördert die Zusammenarbeit. Die Trennung unterbricht die Machtdynamik und fördert unterschiedliche Standpunkte, was zu Fortschritt und kontinuierlicher Verbesserung führt. Dies kann zunächst unangenehm, sogar kontrovers und etwas beängstigend sein – vor allem für diejenigen, die vom Status quo profitieren.

Es sind jedoch genau diese Umwälzungen, die zu Durchbrüchen, Paradigmenwechseln und transformativen Veränderungen führen. Wahre Führungspersönlichkeiten – unabhängig von ihrer Position oder ihrem Titel – scheuen sich nicht, Normen und Autoritäten zu hinterfragen, um neue Wege zum Fortschritt zu ebnen.

Ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches Unternehmen mit flachen Hierarchien und wenigen Jobtiteln ist Patagonia. Das Unternehmen fördert eine flache Organisationsstruktur und ermutigt die Mitarbeitende zu Engagement und Beteiligung an Entscheidungsprozessen.

Fazit

Zählen Jobtitel wirklich überhaupt nicht? Doch, natürlich tun sie das. Sie sind hilfreich, wenn es darum geht, eine Position klar zu definieren und zu kommunizieren, oder wenn eine hierarchische oder organisatorische Struktur verdeutlicht werden soll. Sie können auch ein guter Orientierungspunkt für die persönliche Entwicklung sein und bei der Karriereentwicklung helfen.

Doch Führung ist viel mehr als das. Je kleiner das Unternehmen, desto mehr Rollen übernehmen Mitarbeitende – dem wird ein Titel selten wirklich gerecht.

Und was du auch bedenken solltest: Wer sich als Gründer oder Geschäftsführer zu sehr um seinen eigenen Titel und um die seiner Angestellten kümmert, vergeudet höchstwahrscheinlich Zeit und Energie, während die Konkurrenz einen überholt.

Über den Autor

Kamal Nicholas arbeitet bei der Kommunikationsagentur Laika als Chief of Staff und Senior Consultant für Kunden aus dem Innovationsbereich. Mit über 15 Jahre Erfahrung in der Technologie- und Unterhaltungselektronikbranche konnte er im Laufe seiner Karriere durch die Arbeit mit verschiedenen Unternehmen und StartUps wertvolle Erfahrungen im Bereich der Leadership sammeln. 


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Bilder: Freepik

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