Kann man wirklich ein StartUp mit wenigen Arbeitsstunden pro Woche aufbauen und betreiben? Wie weltfremd oder realitätsnah ist das Buch „Die 4-Stunden Woche“? Hintergründe, Kritik und Tipps bekommst du hier.
„Die 4-Stunden-Woche“ genießt Kult-Status
Es ist bei Amazon auf Platz 1 in der Kategorie „Bücher – Leben & Arbeiten im Ausland“ und hat bei über 3.000 Bewertungen eine durchschnittliche Note von 4,4 / 5 Sternen. Von welchem Buch wir reden? Von „Die 4-Stunden-Woche*“ aus der Feder von Timothy „Tim“ Ferriss.
Seit vielen Jahren genießt das Werk einen Kult-Status und gehört zu den meistempfohlenen Lese-Tipps für Gründer und StartUps. Verständlich, denn der Autor erklärt, wie du ein ganz „schlankes“ StartUp ins Leben rufen kannst.
Was ist so besonders am Buch „Die 4-Stunden-Woche“?
👉 „Die 4-Stunden-Woche“ (Originaltitel „The 4-Hour Workweek“) ist mehr als ein Buch. Es avanciert zu einem Paradigma für Gründer. Denn Tim Ferriss propagiert in seinem Werk eine neue Herangehensweise an Arbeit und Leben.
👉 Ferriss zielt in seinem Buch und eBook darauf ab, die traditionelle 40-Stunden-Arbeitswoche deutlich zu reduzieren – nämlich auf nur vier Stunden – , damit du als Freelancer, Gründer oder StartUp-Inhaber mehr Freizeit und Flexibilität bekommst.
Was sind die Kerngedanken des Buchtipps?
Definition, Elimination, Automation & Liberation – das sind die zentralen Aspekte, die Tim Ferriss in „Die 4-Stunden-Woche“ herausarbeitet. Das steckt dahinter:
📌 Definition der Ziele
Ferriss betont in seinem Buch die Wichtigkeit, klare und messbare Ziele zu definieren. Anstatt sich auf unbestimmte Vorhaben wie „reich werden“ zu konzentrieren, solltest du dir konkrete und greifbare Ziele setzen.
🚫 Elimination unnötiger Aufgaben
Ein wichtiger Punkt, um eine 4-Stunden-Arbeitswoche erreichen zu können, ist die Beseitigung von Zeitfressern und unwichtigen Aufgaben. Ferriss propagiert das Prinzip des Pareto-Prinzips. Das besagt, dass 80 Prozent der Ergebnisse durch 20 Prozent des Aufwandes erreicht werden können.
🤖 Automatisierung von Prozessen
Durch Outsourcing und Automatisierung soll deine Arbeitseffizienz maximiert werden. Dein Ziel muss es sein, mit verschiedenen Tools und Dienstlestern deine repetitiven Aufgaben auszulagern.
🛫 Liberation / Befreiung
Der letzte Schritt ist die Befreiung von traditionellen Arbeitsstrukturen. Der Autor ermutigt dich dazu, ortsunabhängig zu arbeiten und die eigene Arbeitszeit flexibel zu gestalten, um so mehr Zeit für persönliche Interessen und Freizeitaktivitäten zu haben.
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So setzt man die 4-Stunden-Woche um
Timothy Ferriss redet nicht nur abstrakt darüber, wie dir eine Woche mit vier Stunden Arbeit gelingen kann, sondern gibt in seinem Buch bzw. eBook jede Menge Tipps. Darunter sind diese:
🌍 Outsourcing
Ferriss beschreibt in „Die 4-Stunden-Woche“, wie du Aufgaben an virtuelle Assistenten auslagerst. Freelancer-Portale wie Upwork und Fiverr* sind Plattformen, die für solche Zwecke genutzt werden können.
📉 Informationsdiät
Um produktiver zu sein, empfiehlt Ferriss, den Konsum von Nachrichten und sozialen Medien stark zu reduzieren. Beschränke dich stattdessen auf die wesentliche Informationsquellen.
🌴 Mini-Retirements
Anstatt das gesamte Leben auf die Rente hin auszurichten, schlägt der bekannte Autor vor, längere Auszeiten – eben Mini-Retirements – über das Arbeitsleben hinweg zu planen.
📦 Batch Processing
Deine Aufgaben sollten gebündelt und in festgelegten Zeitfenstern bearbeitet werden, um deine Effizienz zu steigern. Beispielsweise kannst du alle E-Mails einmal am Tag anstatt über den ganzen Tag verteilt beantworten.
Weitere Tipps, wie du einer 4-Stunden-Woche näher kommst, bekommst du in diesem Video:
„Die 4-Stunden-Woche“: Kritik und Herausforderungen
Mehr Freizeit, weniger Arbeit – und trotzdem erfolgreich sein: Tim Ferriss‘ Versprechen klingt fantastisch. Zu fantastisch, finden viele Kritiker!
Denn das Konzept der Vier-Stunden-Woche lässt sich in vielen Berufen und Branchen nicht umsetzen. Und trotz Definition, Elimination, Automation & Liberation kann man – so viele Kritiker – kein Unternehmen aufbauen, das mit wenigen Arbeitsstunden so viel Umsatz und Gewinn macht, dass ein Selbstständiger davon gut leben kann.
Dazu kommen noch diese Kritikpunkte:
🛑 Die Umsetzung der vorgeschlagenen Vorgehensweisen kann initial zeitaufwendig und teuer sein.
🛑 Die Automation ist meist nur mit viel technischem Know-how realisierbar.
🛑 Die empfohlenen Maßnahmen sind unter Umständen langfristig nicht tragfähig.
🛑 Dazu gesellt sich die ethische Frage, ob es in Ordnung ist, viele Tätigkeiten in Billiglohn-Länder auszulagern.
Das heißt: Trotz der sehr guten Rezensionen findet nicht jeder Leser das Buch von Tim Ferriss hilfreich. Einer der Kritiker ist Julius Timtschenko von kikudoo. Warum, das erklärt er im folgenden Interview.
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Interview mit einem „4-Stunden-Woche“-Kritiker
StartUpWissen: Als du kikudoo mitgegründet hast, war das mitten in der Corona-Pandemie. Du hattest eine Festanstellung und zwei Kinder, um die du dich sicherlich auch viel kümmern musstest. Richtig?
Julius Timtschenko: Die Idee und Gründung kamen etwas früher. Aber ja, der Go-Live von kikudoo war nahezu zeitgleich mit dem Start der Pandemie.
StartUpWissen: Warum hast du dich trotzdem in dieses Abenteuer gestürzt?
Julius Timtschenko: Ich habe schon immer von einem eigenen Unternehmen geträumt. Und wir hatten als Team bereits sehr viel Zeit in die Plattform investiert. Zudem habe ich am Anfang fest daran geglaubt, dass Corona zügig wieder vorbeigehen wird. Rückblickend bin ich mit dem Verlauf von kikudoo unter diesen Umständen trotzdem zufrieden.
StartUpWissen: Was ist das Tolle am Gründen als Sidepreneur?
Julius Timtschenko: Nicht sehr viel. Es ist eine extreme Belastung.
StartUpWissen: „Die 4-Stunden-Woche“ ist seit einigen Jahren ein Hit. Du magst aber das Buch gar nicht. Warum?
Julius Timtschenko: Ich habe es lange vor meiner Gründung gelesen. Passives Einkommen mal nebenbei, Prozesse mal so automatisieren, einfach nur noch die sinnvollen, wichtigen Dinge machen … das Buch stellt für mich die Dinge viel zu einfach dar.
StartUpWissen: Was meinst du damit genau?
Julius Timtschenko: Ja, vieles, was Tim Ferriss beschreibt, geht. Aber nur, wenn man sehr jung ist, keine familiären und finanziellen Verpflichtungen hat! Und wenn man etwas Kapital für Outsourcing aufbringen kann.
StartUpWissen: Das heißt … ?
Julius Timtschenko: „Die 4-Stunden-Woche“ ist gewiss eine interessante Lektüre. Doch für alle Leser sei gesagt: Ein StartUp zu gründen und zu führen ist verdammt harte Arbeit!
StartUpWissen: Die Essenz des Buches ist ja, dass man als Selbstständiger, Gründer und StartUp-Inhaber so viele Tasks wie möglich outsourcen sollte, um sich auf seine Stärken konzentrieren zu können. Welche Dinge habt ihr bei kikudoo als erstes nach Außen gegeben?
Julius Timtschenko: Nach Außen gegeben haben wir alle Payment-Prozesse. Das ist etwas, wo man einen starken, verlässlichen Partner braucht. Und wir waren als Kapitalgesellschaft verpflichtet, ein Steuerbüro zu engagieren. Ich bin sehr dankbar für diese Pflicht. So kam ich nicht auf die Idee, das irgendwie selber zu machen.
StartUpWissen: Habt ihr auch bewusst Tätigkeiten im Unternehmen gelassen?
Julius Timtschenko: Ja. Wir haben intern durch Mitarbeiter viele Aufgaben von uns Gründern genommen, um uns auf andere Dinge besser fokussieren zu können – insbesondere auf Marketing, PR, Social-Media-Betreuung, Sales. Aber egal ob intern oder extern outgesourced – beides muss bezahlt werden.
StartUpWissen: Seid ihr mit den Ergebnissen eurer ersten externen Outsourcing-Partner zufrieden gewesen? Oder hat die Planung, die Überwachung und evtl. auch die Nachbearbeitung am Ende mehr Zeit gefressen, als sie gebracht hat?
Julius Timtschenko: Unser Payment Service Provider hat uns sehr viel Stabilität in einer der Key-Bereiche gegeben. Natürlich ist jedes Ruckeln im Payment hoch sensibel hinsichtlich Kundenzufriedenheit. Aber jegliche Überlegung zu wechseln haben wir bis heute immer wieder aus zwei Gründen verworfen. Zum einen sind Störungen natürlich heftig, aber selten. Zum anderen profitieren wir von einem sehr guten Support. Und den zweiten Punkt nehmen wir für kikudoo auch als Best Practice.
StartUpWissen: Hauptberuf, StartUp-Gründung, Kids, Privatleben: Hat dich das nicht gestresst?
Julius Timtschenko: Natürlich. Es stresst mich bis heute. Ich schaffe das tatsächlich nur, weil mir all die Dinge viel Spaß machen.
StartUpWissen: Würdest du diesen “Trip” nochmals wiederholen?
Julius Timtschenko: Ja, ich würde es auch so wieder machen. Heute auf das Erreichte zu blicken, morgen auf das was noch möglich ist, war den Weg zu gehen wert.
StartUpWissen: Welche großen Fehler würdest du mit deinem Wissen von heute vermeiden?
Julius Timtschenko: Ich würde nicht mehr davon ausgehen, dass man ein Produkt live nimmt und es zu einem Selbstläufer wird. Ich war viel zu optimistisch. Das weiß ich jetzt besser.
StartUpWissen: Vielen Dank für das Interview, Julius.
Bild: Freepik