Finanzbuchhaltung sollte heutzutage digital sein. Und sie muss sich an die Gesetzesvorgaben halten. Was musst du noch beachten?
Ein notwendiges Übel für Selbstständige und Unternehmer: die Finanzbuchhaltung
Geben wir es zu: Als Freelancer oder StartUp-Gründer hast und willst du dich um Tausende Dinge kümmern. Zum Beispiel um die Entwicklung innovativer Konzepte oder um die Planung kreativer Marketing-Kampagnen. Aber möchtest du dich auch mit der Finanzbuchhaltung (FiBu) beschäftigen? Wahrscheinlich nicht.
Trotzdem ist der “Papierkram” eine Pflicht, an die du dich halten musst – ansonsten kriegst du Ärger mit dem Finanzamt, der unter Umständen sehr teuer sein kann. Das willst du sicherlich nicht!
Deshalb musst du dich vom ersten Tag an darum kümmern, dass deine FiBu gesetzeskonform aufgestellt ist. Zudem solltest du kontinuierlich daran arbeiten, deine Buchhaltung effizienter zu gestalten, damit die Vorgänge weniger Zeit, Energie und Geld kosten.
Wie lässt sich die Finanzbuchhaltung besser machen?
Das verrät dir Matthieu Schuler im StartUpWissen Podcast. Er ist seit vielen Jahren im Bereich Finanzbuchhaltung und Rechnungswesen tätig und arbeitet seit 2022 als externer CFO für StartUps.
Was bedeutet eigentlich Finanzbuchhaltung?
Finanzbuchhaltung ist der Bereich der Buchhaltung, der sich mit der Erfassung, Klassifizierung und Analyse von Finanztransaktionen befasst. Dabei geht es um die Erstellung von Finanzberichten, die Auskunft über die finanzielle Situation eines Unternehmens geben.
Die Finanzbuchhaltung hat das Ziel, die finanziellen Verhältnisse eines Unternehmens transparent darzustellen und somit eine Entscheidungsgrundlage für die Unternehmensführung zu bieten. Sie ist somit ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensführung und dient zur Planung, Steuerung und Kontrolle des Unternehmens.
Die Finanzbuchhaltung gliedert sich in die Hauptbuchhaltung und die Anlagenbuchhaltung.
- Die Hauptbuchhaltung ist für die Erfassung aller Geschäftsvorfälle zuständig, die sich auf das Unternehmensvermögen auswirken. Dazu gehören beispielsweise Einnahmen und Ausgaben, aber auch Investitionen und Finanzierungen.
- Die Anlagenbuchhaltung dagegen ist für die Erfassung von Anlagevermögen, also beispielsweise Maschinen oder Gebäude, zuständig.
Wie funktioniert die FiBu?
In der Finanzbuchhaltung werden alle Geschäftsvorfälle nach bestimmten Regeln erfasst und klassifiziert. Dazu verwendet man das sogenannte Doppelte Buchführungssystem, bei dem jeder Geschäftsvorfall zwei Buchungen erhält – eine Soll- und eine Habenbuchung.
Diese Buchungen werden in verschiedenen Konten, den sogenannten Hauptbüchern, festgehalten. Die Hauptbücher sind das Hauptkonto, das Anlagevermögenskonto, das Umlaufvermögenskonto und das Erfolgskonto.
Die Finanzbuchhaltung dient somit der Erfassung, Klassifizierung und Analyse von Finanztransaktionen und ist ein wichtiger Bestandteil der Unternehmensführung. Sie bietet eine Entscheidungsgrundlage für die Unternehmensführung und dient der Planung, Steuerung und Kontrolle des Unternehmens.
Was macht die digitale Finanzbuchführung besonders?
Die digitale Finanzbuchführung hat einige Vorteile gegenüber der konventionellen Finanzbuchführung, bei der Geschäftsvorfälle manuell in Papierform oder mithilfe von Tabellenkalkulationen erfasst werden.
Ein wichtiger Vorteil der digitalen Finanzbuchführung ist die Automatisierung von Prozessen. Durch die Nutzung von Buchhaltungssoftware können viele Aufgaben, wie beispielsweise die Erstellung von Finanzberichten oder die Kontenpflege, automatisiert werden. Das spart Zeit und verringert das Fehlerrisiko, da menschliche Eingriffe entfallen.
Ein weiterer Vorteil der digitalen Finanzbuchführung stellt die bessere Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit von Geschäftsvorfällen dar. Durch die Verwendung von Buchhaltungssoftware können alle Geschäftsvorfälle digital erfasst und in einem zentralen System gespeichert werden. Dadurch ist es einfacher, auf bestimmte Informationen zuzugreifen und die Finanzlage des Unternehmens zu überwachen.
Auch die Sicherheit von Daten spielt bei der digitalen Finanzbuchführung eine wichtige Rolle. Durch die Verwendung von Verschlüsselung und anderen Sicherheitsmaßnahmen können die Daten vor unbefugtem Zugriff geschützt werden.
Was versteht man unter rechtskonformer Buchhaltung? Wie baut man eine digitale FiBu auf?
Diese und weitere Fragen beantwortet Matthieu im Podcast. Die wichtigsten Passagen der Unterhaltung kannst du auch hier als Auszug nachlesen.
StartUpWissen: Was ist eine rechtskonforme Buchhaltung?
Matthieu Schuler: Das ist eine Buchhaltung nach den sogenannten GoBD. Gerade, wenn es um digitale Buchhaltung geht, was ja heutzutage Standard ist oder Standard sein sollte. GoBD heißt übersetzt “Grundsätze zur ordnungsgemäßen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff”.
Als Unternehmer ist man dazu verpflichtet, die GoBD einzuhalten. Damit wird die revisionssichere Archivierung und der Datenzugriff für eine eventuelle Finanzprüfung durch das Finanzamt sichergestellt.
StartUpWissen: Man muss also seine Buchführung so führen, dass keine Lücken drin sind, kein Schmu gemacht wird oder irgendwelche heimlichen Kassen aufgetan werden?
Matthieu Schuler: Genau. Im Grunde genommen gibt es dafür sechs Überbegriffe. Das ist die Nachvollziehbarkeit der Buchhaltung, die Vollständigkeit, die Richtigkeit, die Zeitgerechtigkeit, zudem geordnet und unverfälscht müssen die Belege sein.
StartUpWissen: Wenn man zum Beispiel eine Rechnung schreibt – was muss getan werden, dass sie wirklich rechtskonform ist?
Matthieu Schuler: Bei den Ausgangsrechnungen, die mit einem Rechnungstool geschrieben werden, kommt es darauf an, dass die Vorgaben nach dem Umsatzsteuergesetz drauf sind. Da unterscheidet man, ob eine Kleinunternehmer-Regelung zum Tragen kommt, oder ob der Unternehmer die Punkte nach § 14 im Umsatzsteuergesetz auszuweisen hat.
Weitere Beispiele wären eine fortlaufende Rechnungsnummer, ein Rechnungsdatum und ein Leistungsdatum, die anzugeben sind. Und die Ausgangsrechnung hat man dann über ein digitales Archivsystem direkt als PDF-Format abzuspeichern und zu verbuchen.
StartUpWissen: Das bedeutet, gemäß GoBD darf man nicht mehr wie früher einfach seine Buchhaltung per Excel machen? Denn man könnte ja jederzeit diese Datei editieren und verändern – richtig?
Matthieu Schuler: Ja, das soll dadurch verhindert werden. Das heißt also, ich brauche ein unveränderbares Dateiformat. Das wäre zum Beispiel PDF. Das kann von jedem DMS, einem Dokumenten-Management-System, verarbeitet werden.
StartUpWissen: Dass man wie früher alles ausdruckt, viel Papierkram hat, den man in irgendwelche Aktenordner ablegt, das gehört somit der Vergangenheit an. Buchhaltung ist heutzutage digital zu erledigen, richtig?
Matthieu Schuler: Richtig. Viele Unternehmen agieren meiner Erfahrung nach noch immer sehr papierlastig. Es ist also noch nicht so, dass alles voll digital abläuft. Allerdings sehe ich auch die klare Entwicklung dahin, dass Unternehmen sich um die Digitalisierung der Buchhaltung bemühen. Es gibt viele Tools, die das erleichtern.
StartUpWissen: Da sind wir auch schon beim nächsten Punkt: digitale Tools für die Finanzbuchhaltung. Es gibt eine breite Auswahl, beispielsweise Lexware, Billomat und Unternehmen Online von DATEV. Eignen sich alle für eine digitale Buchführung? Oder haben manche auch Schwächen?
Matthieu Schuler: Tatsächlich ist es so, dass man immer im Individualfall entscheiden muss. Manche Unternehmer stellen zum Beispiel Gutschriften aus. Doch Gutschriften können nicht von allen Tools problemlos ausgestellt werden. Andere Unternehmen führen Lagerbestände, doch das ist auch nicht immer möglich.
Das heißt, jeder muss für sich herausfinden, welches Programm eine gute Kosten-Alternative ist, welches die Voraussetzungen nach GoBD erfüllt und was die jeweiligen Belange als Unternehmer so einfach wie möglich gestaltet.
StartUpWissen: Es gibt somit nicht das eine, ultimative Tool, sondern man kann sich auch eine Art Tool-Set zusammenstellen?
Matthieu Schuler: Ganz genau. Hier ist es auch wichtig zu unterscheiden, welchen Weg der Unternehmer wählt. Es gibt den Weg, dass man seine komplette Buchhaltung auslagert, zum Beispiel zu einem Dienstleister oder zum Steuerberater. Und es gibt den Weg, dass man die komplette Buchhaltung selbst vorbereitet, bis hin zur Umsatzsteuer-Voranmeldung.
StartUpWissen: Würdest du einem Selbstständigen oder einem Startup raten, die Finanzbuchhaltung selbst zu erledigen?
Matthieu Schuler: Da kann ich keine pauschale Antwort geben. Denn es ist so: Viele Selbstständige haben ein gewisses steuerliches oder betriebswirtschaftliches Know-how. In diesem Fall kann ich natürlich verstehen, wenn sie sich die Kosten für externe Dienstleister sparen wollen. Aber bei einem Wachstumsschritt kann ein Start-Up schnell an die Kapazitäts- und an die Know-how-Grenzen kommen. Da sollte man sich auf jeden Fall Rat holen.
StartUpWissen: Kommen wir zum nächsten Thema – Effizienz. Wie kann man seine Finanzbuchhaltung effizienter gestalten?
Matthieu Schuler: Zuerst würde ich raten, dass man die komplette Post vermeidet, die in Papierform reinkommt. Es gilt, alles auf digitale Rechnungen umzustellen, sowohl Eingangs- als auch Ausgangsrechnungen. Und als Unternehmer sollte man sich ein gutes Tool anschaffen, das zum Beispiel mobil, also per Smartphone, scannen kann.
Dann hat man alles digital. Das ist die Grundvoraussetzung, um effizient zu arbeiten und die Buchhaltung zu automatisieren beziehungsweise teilweise zu automatisieren.
StartUpWissen: Und wenn man dann die ganzen Daten vorliegen hat, in der Regel sind es PDF-Dateien, sind diese in das Finanzbuchhaltungstool hochzuladen?
Matthieu Schuler: So ist es. Das Finanzbuchhaltungstool hat im besten Falle eine OCR-Erkennung. Das heißt, es liest die Texte der Dateien aus, dadurch werden Buchungsvorschläge generiert. Bei wiederholenden Rechnungen erkennt es diese automatisch anhand bestimmter Faktoren. Es ordnet die Rechnung dann auch direkt einem Zahlungseingang oder einen Zahlungsausgang zu, den du im besten Fall auch direkt aus dem gleichen System durchgeführt hast.
Somit hast du einen kompletten Buchhaltungsprozess vom Scan und der Zahlung bis zum Ausgleich des Kreditors oder des Debitors.
StartUpWissen: Damit werden ja viele Dinge, die früher von Finanzbuchhaltern von Hand gemacht wurden, eigentlich über die Tools gelöst.
Matthieu Schuler: Ja, das Bild des Buchhalters hat sich verändert. Er entscheidet in vielen Fällen nicht mehr, wo eine Buchung draufgeht. Sondern er prüft, ob der automatisierte Vorgang richtig war.
Und du als Unternehmer sitzt auch nicht mehr da und musst mühselig Belegdaten abtippen. Das wird dir abgenommen durch die Software.
StartUpWissen: Wie viel Automatisierung ist möglich?
Matthieu Schuler: Ich sage mal, 80 Prozent Automatisierung und 20 Prozent Nacharbeitung sind echt gut.
StartUpWissen: Vielen Dank für das Interview!
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