Geschäftsmodell, rechtliche Aspekte, Marketing und mehr: Was sind die Schlüsselfaktoren beim Wachstum in neue, internationale Märkte?
Ein Gastbeitrag von Ivo Dimitrov, FINOM
Warum solltest du schon früh über ein internationales Wachstum nachdenken?
Der Grundgedanke ist klar: Denke groß, glaube groß, handle groß – und die Ergebnisse werden groß sein.
Aber wie planst du am besten die internationale Entwicklung deines StartUps vom ersten Tag an? Wie beeinflusst die Gesetzgebung die Entwicklung auf mehreren Märkten? Wie passt du dein Produkt an verschiedene kulturelle und soziale Kontexte an? Und wie adaptiert man das Kundenakquisitionsmodell?
Jeder Inhaber eines StartUps sollte bei der Gründung seines Unternehmens auch die internationale Expansion einbeziehen. Denn sich nur auf das Wachstum im eigenen Markt zu konzentrieren, ist oft ein zu enger Ansatz. Früher oder später – nach den ersten Monaten oder Jahren – musst du den Eintritt in neue Märkte in Betracht ziehen, um dein StartUp bzw. ScaleUp weiter wachsen zu lassen.
Wenn du von Beginn an über den gesamten EU-Markt nachdenkst, bist du in der Lage, besser Prioritäten zu setzen. Und du kannst dich auf Funktionen und Features konzentrieren, die für mehrere Länder gleichzeitig von Nutzen sind. Die schnelle Expansion hilft zudem, so schnell wie möglich die ersten Resultate zu erlangen und diese zu analysieren. Anhand dieser Ergebnisse kannst du dann entscheiden, ob du mehr Ressourcen einsetzen oder in einigen Ländern nicht weiter tätig sein möchtest.
Kann man einfach so sein Startup weltweit wachsen lassen?
Ohne Zweifel haben Erscheinungen wie die Globalisierung, das Internet, sozialen Netzwerke und der E-Commerce dazu beigetragen, ein günstiges Umfeld für die Internationalisierung digitaler Unternehmen zu schaffen. Dabei stellen die Unterschiede zwischen den einzelnen nationalen Märkten keine unüberwindbaren Hindernisse mehr dar.
Daher heißt es oft: Was in Deutschland funktioniert, funktioniert auch in Frankreich und Italien. Es geht nur noch darum, sich an die örtlichen Bestimmungen anzupassen und alles in die Sprache des neuen Landes zu übersetzen.
Stimmt das wirklich, wenn es um StartUps geht? Können diese wirklich ohne große Probleme international wachsen bzw. expandieren?
Vernachlässige niemals die rechtlichen Vorgaben!
Es gibt viele StartUps, die ihre Internationalisierung auf Erfahrungen von Unternehmen planen, die zwar in Europa groß geworden sind, aber in ganz anderen Sektoren tätig sind. Leider ist dieser Ansatz oft falsch! Obwohl die Kunden auf den verschiedenen Märkten oberflächlich betrachtet homogene Bedürfnisse haben, können sich die Art und Weise, wie sie Dienstleistungen oder Produkte nutzen, drastisch unterscheiden. Zudem gibt es in jedem Land unterschiedliche Regularien und Gesetze.
Beginnen wir mit Letzterem, den Bestimmungen. Vereinfacht ausgedrückt ist das europäische Regulierungsumfeld immer noch sehr fragmentiert. Jedes Land hat seine eigenen Aufsichtsbehörden. Die Umsetzung lokaler Regulierungen solltest du nicht nur in „formaler“ Hinsicht, sondern vor allem in praktischer Hinsicht betrachten.
Blicke nicht nur auf die erforderlichen Genehmigungen, sondern um die Auswirkungen der Gesetze auf die tatsächliche Produktkonformität, die internen Prozesse und die Customer Experience. Denke zum Beispiel an die deutsche Steueridentifikationsnummer, die für KYC-Prozesse (Know Your Customer) in bestimmten Branchen notwendig ist.
Bei der Internationalisierung eines StartUps musst du daher stets ausreichende Ressourcen zur Unterstützung der Produktentwicklung berücksichtigen. Das gilt besonders für den Aufwand, der für die Entwicklung und Anpassung deiner Produkte erforderlich ist. Manchmal musst du dazu neue, lokale Partner integrieren. Dies führt gerne zu anstrengenden Vertragsverhandlungen, unnötigen Verzögerungen und unerwarteten Kosten.
Beachte auch die B2B-Spezifika!
Ein weiterer Fehler, den Gründer von StartUps häufig begehen, ist die Annahme, dass die Strategie zur Kundengewinnung in jedem Markt gleich funktioniert. Diese Denkweise mag in einem B2C-Umfeld angemessen sein, im Falle von B2B-Kunden ist sie es nicht.
Business-to-Business-Geschäfte werden oft durch spezielle Managementprozesse, nationale Kultur und lokale Gewohnheiten geprägt. Das heißt: Deine B2B-Marketing- und -Verkaufsstrategie, die auf dem Heimatmarkt erfolgreich sein mag, muss nicht unbedingt auch in einem anderen Land funktionieren.
Nehmen wir Finanzprodukte als Beispiel: Wenn du dir die EZB-Daten über die Vermögensbildung auf europäischer Ebene ansiehst, fällt dir sofort einiges auf. So weisen die mitteleuropäischen Länder ein besonders hohes Niveau im Vergleich zum Durchschnitt auf, während viele süd- und osteuropäische Länder ein vergleichsweise niedriges Niveau haben. Du hast damit in jedem Land Kunden, die anders „ticken“.
Daher solltest du dir unbedingt diese Frage stellen: Sind meine derzeitigen Vertriebskanäle und die Kommunikationsstrategien für den neuen Markt, in den ich mit meinem StartUp expandieren möchte, geeignet?
Passe deine Kommunikationsstrategie an den Markt an!
Schließlich ist die Anpassung der Kommunikationsstrategie an die Sprache und Besonderheiten vor Ort ein weiterer wichtiger Punkt. Passe die Kernbotschaften mit dem richtigen Konzept in der entsprechenden Gegebenheiten an. Das bedeutet unter anderem: Übersetze nicht einfach deine Werbemittel, sondern lasse sie richtig lokalisieren. Damit gelingt es dir, dass du Kunden ohne Missverständnisse gewinnen kannst.
Die Unterschiede zwischen den einzelnen, lokalen Märkten zu kennen, ist für die Planung einer wirksamen Internationalisierungsstrategie von grundlegender Bedeutung. Investiere deshalb unbedingt in Mitarbeiter, die Experten für den jeweiligen, nationalen Markt sind. Sie können schnell zu wichtigen zu Erkenntnissen gelangen.
Fazit
Wenn du mit dem Gedanken spielst, ein international agierendes StartUp zu führen, solltest du von vornherein genügend Zeit und ausreichend Mittel aufwenden, um deine Expansion zu planen. Andernfalls besteht die Gefahr, dass du dich auf zu einfache Schlussfolgerungen und zu viel Optimismus verlässt. Das könnte dein Projekt zum Scheitern bringen.
Über den Autor:
Ivo Dimitrov ist Chief Product Officer und Co-Founder von FINOM, einer der am schnellsten wachsenden europäischen B2B-Finanzdienstleistungs-Plattformen. Ivo Dimitrov hat FINOM von Anfang an mit aufgebaut und ist für alles verantwortlich, was mit Produktentwicklung und Design zu tun hat. Ihm ist es gelungen, die Fintech-Plattform mit dem besten Nutzererlebnis auf dem Markt zu schaffen und das potenzielle Wachstum schneller voranzutreiben als jeder andere Branchenakteur.
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Bild: Freepik