Growth Hacking (Bild: Freepik)

Was bedeutet eigentlich … Growth Hacking? Wie kannst du es anwenden und umsetzen?

  • Letztes Update:2 Monaten 
  • Lesezeit:8Minuten

So setzt du einen strukturierten, effektiven und zielgerichteten Growth-Hacking-Prozess auf, um neue Ideen zu testen.

Ein Gastbeitrag von Andreas Just, Just Growth

Was ist Growth Hacking?

Growth Hacking ist ein Konzept, die aus der StartUp-Szene stammt und zunehmend in klassische Unternehmen getragen wird. Das Ziel von Growth Hacking ist es, mit kleinen Änderungen oder Maßnahmen, die nicht viel Geld kosten, in einem Bereich extrem schnell zu wachsen.

Zum Beispiel geht es bei vielen Growth Hacks darum, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erhalten. Diese Bekanntheit wirkt sich dann massiv auf den Traffic einer Webseite oder auf die Nutzung einer App aus.

Minimaler Einsatz, maximaler Gewinn: Diese Idee ist für jede Art von Unternehmen oder Abteilung interessant. Doch leider ist auch Growth Hacking nicht der goldene Stein der Weisen, der einen durchschlagenden Erfolg garantiert.

Wie funktioniert Growth Hacking?

Bei einem Produkt verändert man eine beliebte Funktion oder Option derart, dass sie für die Nutzer noch attraktiver wird. Oder die Änderung ist so gestrickt, dass die Nutzer ihre Freunde und Bekannte aktivieren. Im Marketing spricht man dann von „viraler Verbreitung“.

Damit der Growth Hack funktioniert und nachweisbar Erfolge bringt, muss der Growth Hacker eine Vielzahl an Kenngrößen erheben und auswerten. Die Wichtigste dabei ist die sogenannte Northstar Metric – der Fixstern, auf den die Maßnahmen ausgerichtet werden. Und das Vorgehen nach dem Pirate Funnel.

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Was sind bekannte Beispiele für erfolgreiches Growth Hacking?

➡ Wer den Cloud-Dienst Dropbox weiterempfiehlt, bekommt als Dank dauerhaft mehr Speicherplatz geschenkt

➡ Airbnb wuchs in den USA unter anderem deswegen, weil jeder Eintrag zugleich auf der beliebten Plattform Craigslist gepostet wurde.

➡ Der bekannteste Growth Hack ist der automatische Abbinder „PS: I Love You“ in Mails, die früher über Hotmail versendet wurden. Die Message war verlinkt und führte zum kostenlosen Angebot des Mailanbieters.

Wie setzt man Growth Hacking um?

Alles steht und fällt natürlich mit deiner Zielgruppe und deinen Personas. Du musst wissen, welche Ängste und welche Probleme diese haben. Du hast dafür heraus zu finden, was sie nachts wach hält und warum sie nicht bei dir kaufen oder deine Produkte nicht nutzen.

Weißt du das – und hast das Ganze als Persona für dich abgebildet -, dann sind die nächsten Schritte nicht wirklich schwer.

Denn mithilfe deiner Persona fällt es dir wesentlich leichter, deine North Star Metric  – die wichtigste Kennzahl im Growth Hacking – zu definieren.

Wie findest du deine North Star Metric?

Schaue dir deine Kennzahlen an. Überlege dir, welche wirklich wichtig sind, um deinen Kunden den größten Mehrwert zu bieten.

Ein Beispiel:
Angenommen, du hast ein Software-Produkt. Dein Kunde erfährt den größten Mehrwert, wenn er mit der Software mindestens einmal täglich damit arbeitet. Dann könnte deine North Star Metric die Folgende sein: „Kunden, die täglich deine Software nutzen“.

Beachte: Eine North Star Metric ist nichts, was in Stein gemeißelt ist! Wenn du merkst, dass du zu Beginn die falsche gewählt hast, dann kannst du die Vorgabe jederzeit wieder ändern. Finde aber langfristig eine für dich passende Metrik!

Was ebenso wichtig ist: Nutze keine Vanity Metric als Northstar Metric! Das bedeutet, verfolge keine Kennzahlen, die wenig bis keine Aussagekraft über deinen Erfolg haben.

Wie definiert man Ziele im Growth Hacking?

Nachdem du deine North Star Metric gefunden hast, sollten du deine Ziele festlegen. Ziele, welche sicherstellen, dass du deine North Star Metric erreichst.

Nehmen wir das Beispiel nochmals auf. Ein Ziel könnte zum Beispiel so aussehen:
Du hast X Nutzer, die deine Software nur einmal in der Woche nutzen. Nun willst du aber diese X Nutzer dazu bewegen, dass sie deine Software täglich nutzen.

Um dieses Ziel effektiv gestalten zu können, muss es SMART (spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert) formuliert sein.

Dein SMARTes Ziel könnte damit folgendermaßen aussehen: Du willst in den nächsten 30 Tagen 20 Nutzer dazu bringen, dass sie deine Software mindestens 1x am Tag nutzen. Das wäre ein gutes und nachvollziehbares Ziel.

Wie sieht die Umsetzung als Prozess aus?

Wie kannst du dein Ziel in der vorgegebenen Zeit erreichen? Hier kommt der Growth-Hacking-Prozess ins Spiel. Dabei geht es darum, Ideen zu sammeln, schnellstmöglich zu testen und herauszufinden, ob deine Ideen funktionieren, um das Ziel zu erfüllen.

Schaubild Growth Hacking Prozess (Bild: Andreas Just)

Na, kommt dir diese Vorgehensweise bekannt vor? Sie nennt man PDCA-Zyklus (Plan, Do, Create, Act) oder BML-Prozess (Build, Measure, Learn). Das bedeutet im Detail:

Ideen generieren

Im ersten Schritt überlegst du dir Ideen (= Hacks), die du durchführen kannst, um dein Ziel zu erreichen. In unserem Beispiel sind das Maßnahmen, die deinen Kunden dazu bringen, dass er deine Software mindestens einmal täglich nutzt.

Eine mögliche Umsetzung sind Werbebotschaften, um deinen Kunden zur täglichen Nutzung zu animieren. Oder Anreize, die du innerhalb deiner Software setzt. Hier sind deiner Kreativität keine Grenzen gesetzt.

Ideen priorisieren

Im nächsten Schritt geht es darum, deine Ideen zu priorisieren. Sean Ellis, der Gründer des Growth Hacking, nutzt hierfür das ICE-Modell. Das steht für:

➡ Impact: Wie hoch ist das Potenzial der Idee?

➡ Confidence: Wie sicher bist du, dass diese Idee funktionieren wird?

➡ Ease: Wie einfach ist das Ganze zu implementieren?

Jeder Punkt wird auf einer Skala von 1 bis 10 bewertet, sodass maximal 30 Punkte erreicht werden können. Anschließend sortierst du die Ideen nach Punkten und priorisiert sie.

Testen

Schließlich geht es darum, deine priorisierten Ideen zu testen. Im Idealfall kannst deine Einfälle am Anfang einer Woche umsetzen und am Ende der Woche die ersten Ergebnisse betrachten.

Analysieren & Optimieren

Kontrolliere deine Ideen unbedingt auf ihre Wirksamkeit! Oftmals lässt sich schon nach kurzer Zeit grob abschätzen, ob etwas funktioniert oder nicht. Wenn nicht, dann bessere nach. Und kontrolliere eine Woche später erneut deine Ergebnisse.

Berufe in regelmäßigen Abständen Meetings mit deinen Kollegen ein, wo ihr die gesamten Ideen auf ihre Wirksamkeit untersucht. Diese Meetings können dazu genutzt werden, dass man entscheidet, ob bestimmte Ideen und Tests abgebrochen oder weitergeführt werden.

Neun Beispiele, wie man Growth Hacking anwendet

Growth Hacking ist keine Geheimwissenschaft und kein Hexenwerk. Vielmehr stellt es eine Methodik dar, die darauf abzielt, schnelles Wachstum zu erreichen, indem du kreative und analytische Ansätze verwendest. Hier sind ein paar Beispiele, wie du Growth Hacking anwendest:

Social-Sharing-Buttons

Möchtest du, dass deine Blogbeiträge oder deine Produkte im Onlineshop mehr auf sozialen Netzwerken geteilt werden? Dann mach das Teilen einfacher, indem du sogenannte Social-Sharing-Buttons einführst. Das sind Icons, die automatisch über oder unter einem Beitrag erscheinen. Mit ihnen lassen sich Inhalte mit wenigen Klicks teilen.

Referrals

Nutze den Dropbox-Hack! Entwickle ein Empfehlungsprogramm (= Referral), bei dem deine Kunden oder Leser belohnt werden, wenn sie deine Beiträge oder Produkte weiterempfehlen.

Wichtig: Das Empfehlungsprogramm sollte einfach verständlich und umsetzbar sein!

Gamification

In jedem von uns steckt ein kleiner Spieltrieb. Setze also auf Gamification und belohne deine Nutzer oder Kunden mit kleinen Awards. Diese müssen nicht einmal physisch sein. Zum Beispiel kannst du in deinem Online-Tool Meldungen einbauen wie „Klasse, du hast diesen Monat 13 Aktionen ausgeführt“. Oder gib einem guten Kunden den Status „Gold Customer“.

Tipp: Integriere eine Möglichkeit, die Awards über soziale Netzwerke zu teilen.

Oldschool-Marketing

Onlinemarketing zu betreiben ist heutzutage nichts Ungewöhnliches mehr, sondern der Standard. Kehre deshalb zu alten Marketing-Maßnahmen zurück, um aufzufallen. Schicke zum Beispiel deinen Kunden eine handgeschriebene Postkarte zum Geburtstag oder nutze das Fax als Akquise-Tool.

E-Mail-Signatur Sicherlich hast du eine E-Mail-Signatur, die standardmäßig bei jeder Mail eingefügt wird. Nutze diese wie Hotmail, um Aufmerksamkeit oder Leads zu generieren. Bewerbe in deinem Footer deine kommende Messeteilnahme, den Download deines neuen Whitepapers oder ein aktuelles Top-Angebot.

Regelmäßiges Posten

Wenn du auf sozialen Netzwerken wie Facebook und LinkedIn aktiv bist, solltest du diese ernst nehmen. Gib deinen Followern das Gefühl, dass du immer präsent bist. Deshalb ist es wichtig, regelmäßig zu posten.

Finde deinen passenden Rhythmus, beispielsweise 1x pro Woche oder 1x pro Tag, und halte diesen Rhythmus dauerhaft bei. So schaffst du Verlässlichkeit und zeigst den Algorithmen hinter den sozialen Netzwerken, dass du wirklich engagiert bist. Auf diese Weise werden deine Inhalte, besonders wenn sie häufig geliked oder kommentiert werden, nach vorne gepusht.

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Facebook-Gruppen

„Facebook ist tot!“ – glaub solchen Unkenrufen nicht! Das soziale Netzwerk bleibt weiterhin sehr wichtig für deinen Onlinemarketing-Mix. Finde dazu die richtigen Hebel.

Einer davon ist es, aktiv in Gruppen zu sein. Hier findest du in der Regel eine rege Community, die sich austauscht und hilft. Sei hier dabei und poste keine plumpe Werbung!

Facebook Video-Ads

Anzeigen bei Facebook zu schalten kann recht teuer sein. Nutze die Facebook Ads nicht, um einen Beitrag zu bewerben, sondern um ein Video zu pushen. Dies kostet dich meist nur wenige Euro, kann aber eine große Reichweite erzielen.

Rechnungen

Nutze deine Rechnungen! Platziere unter der rechtlich-konformen Auflistung aller Posten noch einen kurzen Text. Weise zum Beispiel auf passende Produkte oder auf einen Whitepaper-Download hin.

Up- und Cross-Selling

Auch diese Idee ist nicht neu, wird aber gerne vergessen: Biete in deinem Onlineshop oder wie gerade erwähnt in der Kundenrechnung artverwandte Produkte an. Idealerweise versehe sie mit einem individuellen Rabatt, in der Art: „Wenn du jetzt gleich zuschlägst, bekommst du einen Nachlass von 10%“.

Fazit

Ist Growth Hacking das ultimative Werkzeug, damit ein StartUp schnell wachsen kann? Jein. Es gibt ja nicht eine spezielle Methode, die zum Erfolg führt. Stattdessen muss jedes Unternehmen selbst schauen, wo es den besten Hebel sieht und dann ganz viel experimentieren.

Ein Growth Hack ist somit nichts anderes wie ein Feature, das simpel erscheint, aber einen starken Anteil zum Wachstum eines Produktes oder eines Unternehmens beiträgt.


Über den Autor:

Auf seiner Webseite veröffentlicht Andreas Just seine Erfahrungen und Tipps rund um das Thema Growth Hacking im B2B-Bereich. Vor seinem Wechsel zu einem Startup, war er für ein kleines, mittelständisches Unternehmen tätig und will nun beide Welten zusammenführen. Durch Growth Hacking hilft er zudem kleinen B2B-Mittelständlern bei der Skalierung des Marketings.

Bild: Freepik

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